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Heiligenkreuz Stiftsmuseum Zeichnung

Zeichnung

Die Federzeichnung kann in verschiedenen Farben ausgeführt sein. Sie findet sich zum Teil in Handschriften des 12. Jahrhunderts.

[ 2 Objekte ]

Das Rad der wahren Religion - des guten Mönches

Codex 226 stammt aus Nordfrankreich, 2. Hälfte 12. Jh. und wurde nach Österreich - Heiligenkreuz - importiert. Die Sammelhandschrift enthält Werke unterschiedlicher Entstehungszeit. Unter dem Gesichtspunkt der Ausstattung ist die Zeichnung (Radbild) auf fol. 146r von Interesse. Mit zahlreichen Beischriften versehen spricht die Darstellung von der wahren Religion. Der in einem Buch lesende Mönch ist in Armut aber Fröhlichkeit. Freiwillig ordnet er sich unter. Gegen seinen Willen steigt er zum Prior auf und als Abt herrscht er ohne es zu wollen. Um der wahren Demut willen verzichtet er auf die Würde und wird auf seine Bitten hin abgelöst. Im Rad werden alle Bestandteile eines guten monastischen Lebens ausgedeutet.

Vogelbuch des Hugo von Fouilloy

Codex 226 stammt aus Nordfrankreich, 2. Hälfte 12. Jh. und wurde von Mönchen nach Österreich - Heiligenkreuz - mitgebracht. Folio 129v zeigt den Falken als Begleiter des Menschen und erfährt so eine besondere Würdigung; das hat damit zu tun, dass er in höfischen Kreisen zum „Prestigeobjekt“ avanciert war. Im 12. Jh. symbolisierte der Ritter die vita activa. Dies dokumentiert eine ungewöhnliche Federzeichnung aus dem Vogelbuch von Hugo von Fouilloy, des Priors der Augustinerchorherren von Saint-Laurent (bei Amiens). Sie ist ungewöhnlich darum, weil sie dem Falken die Taube als Symbol der vita contemplativa alternativ gegenüberstellt: Die lateinischen Beischriften accipiter (Falke, eigentlich Habicht) und colu[m]ba (Taube) und ihre vertikale Zuordnung zu Ritter und Mönch verdeutlichen ihre Symbolfunktion. Der miles (Ritter bzw. Streiter) reitet behende dem clericus (Geistlichen) entgegen; dass auf seiner linken Hand ein abflugbereit flatternder Falke hockt, während sein rechter Arm liebevoll einen Hund umfängt, spricht für die vorausgegangene weltliche „Aktivität“, die Jagd; dem Reiter vorauseilend läuft ein weiterer Jagdhund in Richtung lesenden Mönchs. Dieser hingegen ist körperlich völlig inaktiv, dafür aber „geistig“ aktiv: Aufgeschlagen auf dem Lesepult vor ihm liegt die (Heilige) Schrift. So werden zwei Welten gegenüber-gestellt. Damit ihr Sinn ‚verstanden‘ wird, hat der Zeichner, wohl auf Anregung des Priors, beide Außenwände beschriftet: Die rechte (ritterliche) Seite stellt die Wand der guten Werke (paries bonorum operum) dar, die linke (geistliche) die der heiligen Gedanken (paries sanctarum cogitationum). Selbst das Dach bestätigt das duale Weltensystem: einmal gipfelt es in Burgzinne mit Falken, ein andermal in Glockenturm mit Kreuz. Zu allem Überfluss sitzen Falke und Taube, ersterer gezähmt und angebunden, auf derselben Stange im Mittelfeld des Bildes. Es sei anzunehmen, dass es speziell für den Widmungsadressaten des Buches, den Ritter Rainer, verfertigt worden sei, welcher – überzeugt von der höheren Wertigkeit des Mönchtums – sich vom weltlichen Leben verabschiedete und zur Lebensform der Augustinerchorherren bekehrte.

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